#2 // KW21 // 26.5.2022 // Energie / Solar pt.2

Block Height 737829 • Price 29,826 USD • Preis 27,795 EUR • Change from last week +0.2% • Market 🐻🐻🐻

// Starter 🍸

Ich muss es leider vorwegnehmen. Ich dachte ehrlich ich würde bei dem Thema mit einem Zweiteiler hinkommen. Aber um die Aufmerksamkeitsspanne der Goldfische nicht zu strapazieren, habe ich mich kurzerhand dazu entschieden einen dritten Teil zu schreiben. Das bedeutet, diese Woche gibt es zunächst eine Einleitung in die verschiedenen Komponenten und Variablen, die beim Mining mit Solarstrom wichtig sind. Nächste Woche widme ich mich dann den Bitcoin-seitigen Variablen und der tatsächlichen Rechnung/Projektion, bzw. den Szenarien, in welchen Mining profitabel und sinnvoll erscheint.


Um die Intro diese Woche möglichst kurz zu halten, hier ein kurzer Pick me up aus dem letzten Post und dann werde ich direkt einsteigen:

Geopolitische und klimabedingte Auswirkungen haben in den letzten Jahren gezeigt, dass ein Umdenken und ein Umschwenken (nicht zu jedem Preis und nicht ohne eine Grundsicherung zu gewährleisten) durchaus sehr vernünftig sind. Immer mehr private, aber auch semi-professionelle Gruppen investieren in Photovoltaik Equipment, um den Eigenbedarf zu decken, oder zumindest Stromkosten zu senken und im Falle von semi-professionellen Anlagen, um natürlich auch den ein oder anderen Euro hinzuzuverdienen. Mit einem semi-professionellen Anbieter habe ich mich über die Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit von Bitcoin Mining in so einer 1MWh unterhalten und zusammen haben wir ein paar Rechenbeispiele durchgespielt.


// Meat 🥩

Um eine Mining Operation in der Theorie zu planen, gilt es sich die verschiedenen Komponenten und Variablen anzuschauen. Ziel ist es eine Projektion zu erstellen, die Aufschluss darüber gibt, ob ein solches Unterfangen überhaupt profitabel sein kann.

Bei den Komponenten und Variablen handelt es sich zunächst um die verschiedenen (1) Hardware Komponenten (also Solaranlage, Stromspeicher, Mining Equipment und Peripherie), die (2) stromseitigen Variablen (also Sonnenstunden, Einspeisungsvergütung und Länge der Abschreibung) und die (3) finanziellen bzw. Bitcoin-seitigen Variablen (also Hashrate und Difficulty, Bitcoin Preis, Block Reward und Pool Fee).

🖨️ Fangen wir mit Hardware Komponenten an:

In dem vorliegenden Szenario handelt es sich um eine Solaranlage, die in der Lage ist 1 MWh (Megawattstunde) zu produzieren. Die Anlage existiert bereits und darum will ich hier nicht weiter auf Anschaffungskosten, Wartung, etc. eingehen.

Also Annahme 1️⃣ für diese Projektion ist, dass Strom hergestellt werden kann, natürlich bis auf die anfallenden Eigenkosten und die Variable Einspeisungsvergütung, auf die wir später zu sprechen kommen.

Bei dem Mining Equipment sind wir von einem Bitmain Antminer S19 XP ausgegangen, der eine Leistung von 140TH/s (Hashrate) erzeugt bei einem Verbrauch von 3040 W, oder ca. 3kW. Dieser Miner kostet zur Zeit etwa um die 10.000 Euro. Auch hier muss man wieder ein Caveat aussprechen, da die derzeitige weltwirtschaftliche Lage und die alzu beliebten Lieferkettenengpässe bei Halbleitern besonders bei ASIC (application-specific integrated circuit) Chips dazu führen, dass das Equipment entweder deutlich teurer wird, sich die Wartezeiten ins Unendliche ziehen, oder sogar dazu führen, dass gänzlich andere Hardware berücksichtigt werden muss.

Also Annahme 2️⃣ ist, dass das Wunsch-Equipment relativ problemlos erworben werden kann.

Stromseitig muss außerdem ein Stromspeicher berechnet werden, da das Mining Equipment im besten Fall zu 100% der Zeit ausgelastet werden soll und dafür tagsüber Strom gespeichert werden muss, der nachts und im Winter an sonnenarmen Tagen die direkte Versorgung mit Sonne überbrücken kann. Da im Dezember die Zeit zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang lediglich 8 Stunden beträgt, müssen die übrigen 70% der Zeit aus dem Speicher geliefert werden. Bei 16 Stunden a 3 kW benötigt man also einen 50 kW Speicher, der zur Zeit in der Anschaffung mit 25.000 Euro zu Buche schlägt.

Also in Annahme 3️⃣ gehen wir davon aus, dass ein Speicher mit 50 kW Speichervermögen benötigt wird und ähnlich wie beim Miner auch problemlos zu kaufen ist.

Bei der Peripherie sprechen wir von Unterstellmöglichkeiten, LAN Verbindung, und weiterem Equipment, dass für diese Back-of-the-envelope Rechnung mal ausser Acht gelassen werden kann. Also für Annahme 4️⃣ erstmal egal.

🌦️ Soviel also zur Hardware. Weiter zu den stromseitigen Variablen:

Die Jahreswerte für Sonnenstunden, also volle Stunden, die zur 100%igen Auslastung eines Solarpanels führen, lassen sich problemlos online abrufen. Bei 8760 Stunden, die so ein Jahr hat, beläuft sich die Anzahl der Sonnenstunden im Mittelwert auf ca. 1525 pro Jahr, was einem Anteil von 17.4% gleichkommt. Also ganz vereinfacht gesagt, ein Fünftel des Jahres gibts Sonnenschein 😎

Dieser Mittelwert schwankt natürlich extrem über das Jahr hinweg, da die sonnenreichsten Monate (Mai, Juni, Juli) etwa ein vierfaches der Sonnenstunden der sonnenärmsten Monate (November, Dezember, Januar) aufweisen. Und da wir bei Sonnenstunden natürlich über eine naturgemachte und anders als bei anderen Erzeugungsmethoden absolut unbeeinflussbare Energiequelle sprechen, müssen wir nicht lange diskutieren, dass auch diese Werte nur Anhaltspunkte liefern und niemals Fixwerte darstellen. Zusätzlich zu den "vollen" Sonnenstunden kommt, dass eine Solaranlage natürlich nicht nur ganz-oder-gar-nicht kennt, sondern schon in der Morgendämmerung anfängt Strom zu gewinnen, nur eben nicht in der vollen Kapazität, wie bei richtigen Sonnenstunden.

Das heisst für Annahme 5️⃣ gehen wir rechnungsbedingt vom pessimistischen unteren Rand aus. Wahrscheinlich wird de facto mehr aus der Anlage zu holen sein, allerdings ist das gar nicht mal so wichtig, wenn wir sowieso einen 50 kW Speicher anschaffen müssen. Denn ob dieser am Ende des Tages die vollen 50 oder nur 30 liefert ist egal; der Anschaffungspreis bleibt der gleiche und zusätzliche laufende Kosten erzeugt er dadurch nicht.

Der so hergestellte Strom hat also eingepreisten Kosten (Equipment und OPEX) von ca. 6 cent pro kWh. Der Break Even (Preis unter dem die Herstellung von Bitcoin profitabel ist) darf bei einer Modellrechnung also auf gar keinen Fall unter den Selbstkostenpreis fallen. Allerdings ist es damit nicht getan. Also Stromerzeuger bekommt man nämlich auf dem freien MArkt eine Einspeisevergütung, also einen Preis pro kWh, ausbezahlt, dafür dass man das Netz mit seinem Strom beliefert. Diese Einspeisevergütung liegt zur Zeit bei ca. 10 bis 12 Cent, was wiederum bedeutet, dass dies der neue Break Even ist. Also zusammengefasst, muss man pro kWh aufgewendeten Strom mindestens 12 Cent in Bitcoin generieren, damit sich der Aufwand überhaupt annähernd lohnt. Annahme 6️⃣ setzt also voraus, dass der Break Even mindestens 12 Cent beträgt - und das ist schon SEHR optimistisch geschätzt. Der Hashpreis errechnet sich aus der Hashrate und dem Bitcoin Preis. Wie in der Grafik zu sehen ist liegt dieser momentan sehr niedrig. Dazu aber mehr in der Rechnung.

via Bitcoin Magazine

Zum Thema Abschreibung halte ich mich kurz. Eine kurze Recherche zu dem Thema hat ergeben, dass eine neue Rechtsprechung erlaubt / vorgibt, Computer und Hardware Equipment  im ersten Jahr vollständig abzuschreiben. Das bedeutet buchhalterisch ist das komplette Mining Equipment nach einem Jahr wertlos und in der Bilanz der Mining Operation nicht mehr zu berücksichtigen. Das ist also Annahme 7️⃣: Volle Abschreibung des Equipments in einem Jahr.

💵 Nächste Woche behandeln wir an dieser Stelle also die finanziellen bzw. Bitcoin-seitigen Variablen.

Bis dahin ist mir bei der Recherche rund um das Thema Energie die Verteuerung aller Produkte, aber insbesondere von Energie in Deutschland in die Arme gefallen. Da ich hier auch immer ein bisschen Meinung und These einbauen möchte also ein kurzer Überblick.

Besonders Energiepreise haben sich in den letzten 5 Jahren bis zum Mai 2021 (also genau ein Jahr her) im einstelligen Prozentbereich mal hoch und mal runter bewegt. Seit Mai 2021 ist prozentuale Anstieg der Kosten zum ersten Mal über 10% und bleibt seit dem positiv und zweistellig, um dann sogar zum abgelaufenen April einen Wert von über 87% zu erreichen.

via Statistisches Bundesamt
via Statistisches Bundesamt
via Statistisches Bundesamt
Producer price index for industrial products

Der Situation in Russland die Schuld für diesen drastischen Anstieg der Energie- und Erzeugerkosten zuzuschreiben wäre faul und und falsch. Natürlich sind der Krieg in der Ukraine, die damit verbundenen Lieferengpässe über weite Industrien hinweg, und darüber hinaus auch vom Westen verhängte Sanktionen ein Katalysator der Preissteigerungen.

Allerdings, darf man nicht vergessen, dass dies ein über jahrzehnte hausgemachtes Problem darstellt.  Die Verantwortlichen für diesen rapiden und unhaltbaren Preisanstieg sitzen weder in Moskau, Kiew oder Peking, sondern bei uns in Deutschland. Die deutsche Energiepolitik verfolgt seit über 20 Jahren konsequent nur zwei Ziele: Den Ausstieg aus der Kernenergie und den Ausstieg aus dem Kohlestrom. Investitionen in erneuerbare Energie werden zwar getätigt, aber nicht so konsequent und medienwirksam, wie der viel leichter vermarktbare Ausstieg aus den "dreckigen" Energiequellen. Dieser lässt sich mit Klimazielen, Umweltpolitik und unter ESG Mänteln sehr schön und werbewirksam vermarkten. Der Fakt, dass Deutschland mal Marktführer in der Photovoltaik war und sein gesamtes Know How and China verloren hat, passt dabei nicht so recht ins Bild. Doch wie schon letzte Woche gesagt:

Energie ist wichtig für Menschen. Eine erhöhte Stromproduktion korreliert mit einem erhöhten menschlichen Wohlstand.

Das heisst, wenn wir unseren Energiebedarf in Deutschland weder mit Atom-, Kohle-, noch erneuerbarem Strom vernünftig decken können, woher nehmen wir ihn dann? Genau, wir müssen ihn teuer einkaufen.

Das Problem haben wir in Deutschland also selber erzeugt. Die systematische Stilllegung zuverlässiger Energiequellen im Laufe der Jahre hat erhebliche Auswirkungen auf die Stromkosten für die Industrie und die Haushalte im Land, die in Deutschland zu den höchsten in der entwickelten Welt zählen, und macht die Menschen und den Staat somit extrem abhängig von Energiequellen im Ausland, wie z.B. aus Russland oder Katar. Somit hat die deutsche Politik die Abhängigkeit von Russland und die damit verbundenen gesteigerten Kosten geschaffen, und nicht umgekehrt. Komplexe Systeme, wie die Energieversorgung eines Staates, müssen gesteuert, überwacht und reguliert werden, dazu sollten Politiker und Berater befähigt werden. Jedoch ist eine zentrale Planung dieser Systeme nicht möglich, oder um mit Ludwig von Mises zu enden:

The fundamental objection advanced against the practicability of socialism refers to the impossibility of economic calculation. [...]. A socialist management of production would simply not know whether or not what it plans and executes is the most appropriate means to attain the ends sought. It will operate in the dark, as it were. It will squander the scarce factors of production both material and human (labour). Chaos and poverty for all will unavoidably result.


// Wrap 🌯

✅ Wir brauchen mehr Sonne in Deutschland (nicht nur für die Stromerzeugung)

✅ Komplexe Systeme lassen sich nicht zentral steuern, organisieren oder planen (stimmt's Erich?)

✅ Folgenden Annahmen sind bei der Projektion von Mining auf Solarbasis zu treffen:
Annahme 1️⃣: Strom ist vorhanden
Annahme 2️⃣: Mining Equipment ist im Handel vorrätig
Annahme 3️⃣: Ein Stromspeicher mit 50 kWh Kapazität wird benötigt
Annahme 4️⃣: Peripherie ist vorhanden bzw. vernachlässigbar
Annahme 5️⃣: Wir rechnen mit 1525 Sonnenstunden pro Jahr
Annahme 6️⃣: Der Break Even beträgt 12 Cents
Annahme 7️⃣: Volle Abschreibung des Equipments in einem Jahr


// Candy 🍭

President Nayib Bukele Announces 44 Countries To Meet In El Salvador To Discuss Bitcoin
El Salvador President Nayib Bukele announced that 32 central banks and 12 financial authorities are meeting in the country to discuss Bitcoin.

Es gibt viele die sagen, die Einführung von Bitcoin in El Salvador sei ein großer Marketing Stunt und würde vor allen Dingen die Tourismus Branche beflügeln, und als allerletztes profitierten die Einwohner des Landes. Man kann Bukele allerdings nicht vorwerfen, dass er die Idee Bitcoin als offizielle Währung zu akzeptieren nicht nur für sich und sein Land durchsetzen, sondern die Vorteile eines dezentralen und "guten" Geldes (sound money) in die Welt tragen will. Die Liste der teilnehmenden Länder ist interessant, da sie besonders wirtschaftlich kleinere Player, den sogenannten globalen Süden, abbildet, die nach Jahrzehnten der Abhängigkeit eine Möglichkeit sehen sich einem Dollar dominierten und von Zentralbanken und IMFs geführten Geldsystem zu befreien. Und dieses Treffen findet statt während sich die Damen und Herren Vertreter//innen des globalen Nordens in Davos gegenseitig auf die Schultern klopfen.Was wenn dieses Meeting zum alljährlichen Gegenentwurf zum WEF etablierte?

Die deutschen Nachrichten sehen das natürlich wieder mal etwas skeptischer. Hier ein Auszug aus dem Morning Briefing von Gabor Steingart. Man kann sich seine Meinung selbst bilden:

El Salvador hat vor rund einem Jahr Bitcoin als legale Währung eingeführt. Mit dem Crash der Kryptowährung steht das mittelamerikanische Land nun kurz vor einer Staatspleite. El Salvador hatte schon vor der Einführung des Bitcoin einen großen Schuldenberg und ist mit fast 100 Prozent seiner jährlichen Wirtschaftsleistung verschuldet.

Seit dem vergangenen Jahr hat das Land Schätzungen zufolge rund 2300 Bitcoins mit Steuergeldern gekauft. Zu welchem Preis es die gekauft hat und wie groß entsprechend der Kursverlust ist, ist nicht genau bekannt. Fest steht allerdings: Bitcoin hat seit dem letzten Jahr rund 50 Prozent an Wert verloren. Im schlimmsten Fall hat El Salvador also etwa 70 Millionen Dollar an Steuergeldern vernichtet.

Nächsten Monat sind rund 40 Millionen Dollar an Schulden fällig. Kommenden Januar müssen 800 Millionen Dollar auf einen Schlag zurückgezahlt werden. Der Internationale Währungsfonds würde El Salvador nur unter die Arme greifen, wenn sich das Land von dem Projekt Bitcoin wieder verabschiedet.

Fazit: Diese staatliche Bitcoin-Spekulation ist die teuerste Imagekampagne der Weltgeschichte - mit erschütterndem Ergebnis. Nun sind die Staatsfinanzen und das Image von Nayib Bukele zeitgleich ramponiert.


Welches Tier futtert unserer Maus die selbst gepflanzten Erdbeeren weg? Vorallem die Beeren nur leicht anknabbern und mir den Rest zum Aufräumen liegen lassen? Jetzt muss ich die Erdbeeren auch noch umpflanzen.

In diesem Sinne, 2... 1... Risiko!

Gene