#4 // KW23 // 9.6.2022 // Bitcoin Reserve Currency - Eine Utopie
// Today on the Menu 📜
- Die Nachfrage nach Bitcoin wird nicht nur steigen, sondern rasant zunehmen
- "Es ist auch möglich, mehr als nur eine Leitwährung zu haben"- Jerome Powell, Präsident der US Notenbank
- Preisziel 280.000?
- Bitcoin als Reservewährung der Welt kann die Menschheit insgesamt ein bisschen besser machen
// Starter 🍸
Es sind keine besonders aufregenden Zeit, um sich mit dem Preisverlauf von Bitcoin zu beschäftigen. Der Preis krallt sich irgendwo im 30.000er Bereich fest. Es sind einige 5% Sprünge nach oben zu beobachten, um dann knapp vor 32.000 wieder zu fallen und bei 29.500 zu landen. Alles in allem also relativ stabil, aber auch frustrierend, da makroökonomisch so viele Triggerevents eigentlich einen Preisanstieg rechtfertigen würden.
Des Weiteren ist mir aufgefallen, dass in den letzten Wochen der Preis für den jeweiligen 7 Tage Zeitraum immer am Dienstag/Mittwoch seine Spitze erreicht hat. Ich habe dafür keine Gründe - es ist nur eine Bemerkung, falls es sich jemand zunutze machen möchte 😎
Im dieswöchigen Hauptteil geht es um ein Gedankenspiel: Könnte Bitcoin einmal die globale Leitwährung werden und somit den US Dollar ablösen und welche Voraussetzungen müssten dafür erfüllt werden, bzw. spielen eine Rolle in Bitcoins race to the top?
// Meat 🥩
In Zeiten in denen Ludwig Erhards Idee einer Sozialen Marktwirtschaft mit Füßen getreten wird, suchen viele Menschen nach einer gesunden Alternative. In seinem Buch "Wohlstand für Alle" wird das Bild des Staats als Schiedsrichter, der am Spiel teilnimmt ohne direkten Einfluss zu nehmen, aufgemalt. Das Spiel, also der Markt, muss gerecht gehalten werden (level playing field, wie es im Englischen schön heißt) und dies passiert durch ein Balancieren der Kräfte zwischen Angebot und Nachfrage, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Firmen und Kartellamt. Dieser Kräfteausgleich, oder anders Wettbewerb genannt, zwischen den Spielern führt zu einer prosperierenden Gesellschaft, in der auch alle Teilnehmer zu mehr Wohlstand gelangen können.
Diese Idee kontrastiert stark mit der aktuellen Situation, in der der Staat nicht mehr die Rolle des Schiedsrichters innehat, sondern ganz aktiv in das Geschehen eingreift. Der Staat vereinnahmt immer weitreichendere Teile des Marktes für sich und interveniert, indem Banken aus Finanzkrisen, kranke oder zumindest vermeintlich risikobehaftete Bürger vor Pandemien und Kriegsfolgen in Europa und zuletzt vor steigenden Benzinpreisen gerettet werden müssen. Letzteres z.B. tut der Staat nicht, indem er das Kartellamt einschaltet und somit Mineralölunternehmen eine gelbe Karte erteilt, sondern indem er direkt eingreift und Energiesteuergesetze erlässt, die den Benzinpreis direkt beeinflussen sollen. Dies ist nur das letzte Beispiel für einen fortwährenden Trend weg von der freien Marktwirtschaft hin zu einem alles lenkenden Staat. In Post #2 habe ich schon folgendes gesagt:
Komplexe Systeme, wie die Energieversorgung eines Staates, müssen gesteuert, überwacht und reguliert werden, dazu sollten Politiker und Berater befähigt werden. Jedoch ist eine zentrale Planung dieser Systeme nicht möglich [.]
Ob Energiepolitik oder Geldpolitik, für viele Menschen sind der übergriffige Staat und die ungreifbare Politik der Zentralbanken ein immer größerer Dorn im Auge, weshalb sie einen Ausweg in eine gesunde Geldpolitik suchen. Für Bitcoiner ist der sogenannte Bitcoin Standard (nicht mit dem großartigen Buch von Saifedean Ammous zu verwechseln) das finale Ziel, um unsere Welt in eine nachhaltigere, marktwirtschaftlich vernünftigere und finanziell gesunde Gesellschaft führen. Die Geldpolitik von Bitcoin ist programmatisch, ist in Code geschrieben, kann jederzeit von jedem geprüft werden und wird nicht von einer einzelnen Person oder Gruppe kontrolliert. Bitcoin ist eine automatisierte Zentralbank mit einer programmatischen Geldpolitik und somit völlig isoliert von jeglichem politischen Druck. Keine Änderung der Nachfrage in irgendeiner Richtung wirkt sich auf das Angebot aus, die Menge an bitcoins ist fest im Code verankert. Bitcoin ist die unabhängigste Zentralbank der Welt.
Natürlich kann man argumentieren, dass der Bitcoin Preis, bzw. die damit verbundene Volatilität, oder der Wilde Westen, den die unregulierte Digital Assets Szene zurzeit ausmachen, für Außenstehende auch wie Kraut und Rüben aussehen. Doch wenn man Bitcoin mit dem aktuellen Chaos der von Menschen geführten Geldpolitik vergleicht, sieht die Geldpolitik von Bitcoin unglaublich attraktiv, weil transparent und stabil, aus. Die schon erwähnten kurzfristigen Preisbewegungen lenken die meisten Menschen, die in Bitcoin zunächst nur eine Investment Chance oder Hokus Pokus sehen, von der wahren Innovation ab. Bitcoin stellt ein digitales, solides und gutes Geld (sound money) dar.
Doch was genau muss passieren, damit Bitcoin die Rolle einer Leitwährung übernehmen kann? Folgende Annahmen müssten dazu wahrscheinlich erfüllt werden, um solch ein Szenario zu realisieren:
1️⃣ Der US Dollar muss seine Rolle als exklusive globale Leitwährung bzw. Weltwährung verlieren.
Ein sehr aufschlussreicher Artikel zu diesem Thema wurde neulich auf zerohedge.com veröffentlicht. In diesem Artikel werden fünf Anzeichen aufgelistet und erklärt, warum die Vormachtstellung des US Dollars in Gefahr ist. Ich rate jedem den original Artikel zu lesen, allerdings habe ich die fünf Thesen kurz zusammengefasst.
Warning Sign #1: Russia Sanctions Prove Dollar Reserves “Aren’t Really Money”
Provoziert durch den Krieg in der Ukraine haben die USA Sanktionen gegen Russland verhängt und u.A. die Dollarreserven der Russischen Zentralbank eingefroren. Dieser Schritt verdeutlicht die politischen Risiken, die mit dem Halten seiner Reserven in US Dollars behaftet sind. Das Vertrauen in den Dollar ist beschädigt und viele Staaten schauen sich nach Alternativen um.
Warning Sign #2: Rubles, Gold, and Bitcoin for Gas, Oil, and Other Commodities
Als einer der größten Exporteure für Wirtschaftsgüter aller Art (Rohstoffe, aber auch Gold und Uranium) hat Russland angekündigt keine Zahlungen in Dollar mehr zu akzeptieren und stattdessen nur noch Rubel, Gold oder Bitcoin anzunehmen. Das heißt, dass der Dollar als Zahlungsmittel im internationalen Handel seine Exklusivität verloren hat.
Warning Sign #3: The Petrodollar System Flirts With Collapse
Dank einem Abkommen zwischen Saudi Arabien und den USA in den 1970ern wird das von allen Mitgliedsstaaten der OPEC geförderte Öl in US Dollar gehandelt, im Gegenzug für militärischen Schutz der USA. Das sogenannte Petrodollar System hat dem US Dollar somit einen enormen Wert und hohe Liquidität verliehen. Russlands Ausschluss vom Dollar System als Teil der US Sanktionen könnte sich ähnlich mit China wiederholen, wenn diese Taiwan überfallen, und damit könnte China nicht mehr ohne weiteres Öl importieren. Um solch ein Risiko durch Abhängigkeit vom US Dollar zu vermeiden hat China seit Jahren ein Alternativsystem basierend auf den Chinesischen Yuan mit Hilfe des Shanghai International Energy Exchange (INE) aufgebaut. China ist der weltgrößte Importeur von Öl und Saudi Arabien den USA nicht mehr so wohl gesinnt, wie noch vor 50 Jahren, zu Beginn des Petrodollar Systems. Sollte also China als größter Kunde Saudi Arabiens diese dazu bringen den Yuan zu akzeptieren, wäre es mit dem Öl-gestützten Petrodollar System vorbei und somit bräche auch einer der Pfeiler des Dollars als Zahlungsmittel im internationalen Handel weg.
Warning Sign #4: Out of Control Money Printing and Record Price Increases
Mehr als 4 Billionen US Dollar wurden in den letzten zwei Jahren von der Federal Reserve bereitgestellt - die größte monetäre Ausweitung in der Geschichte der USA. Dies ist höchstwahrscheinlich einer der größten Preistreiber der aktuellen Inflation, selbst wenn die Federal Reserve dies nicht zugibt.
Warning Sign #5: Fed Chair Admits Dollar Supremacy Is Dead
“It’s possible to have more than one reserve currency.” Es ist auch möglich, mehr als nur eine große Währung zu haben sagte Jerome Powell, der Präsident der Federal Reserve. Der Mann, dessen Job es ist die Leitwährung (bzw. Weltwährung) zu beschützen, gibt offen zu, dass es neben dem Dollar auch weitere Kandidaten für den Thron geben kann.
2️⃣ Bitcoin muss von einer Großzahl der wirtschaftlich stärksten Länder der Welt anerkannt werden.
Wie bereits erwähnt bahnen sich tektonische Verschiebungen in der Weltpolitik und der Weltwirtschaft an. Russland ist vom US Dollar System de jure ausgeschlossen (de facto wirft die ganze Welt Russland die immer noch hinterher), China hat an einem Alternativsystem zum Petrodollar gearbeitet und auch die Eurozone (mit dem Euro als zweitwichtigster Reservewährung und der Währung mit dem größten Geldvolumen weltweit) arbeitet zurzeit an einem digitalen Euro und/oder einer CBDC (Central Bank Digital Currency), was zumindest darauf schließen lässt, dass auch in Europa zumindest über Alternativszenarien nachgedacht wird und den Euro zumindest als zweitwichtigste Weltwährung platzieren möchte.
Aber auch die USA selbst müssten Bitcoin als legales und reguliertes Zahlungsmittel anerkennen, bevor es dann überhaupt als Leit- oder Reservewährung in Frage kommen kann.
3️⃣ Aus ökonomischer Sicht müssten einige der Messwerte von Bitcoin substantiell nach oben steigen.
Hier will ich das Pferd mal von hinten aufzäumen. Ohne auf Geldmengendefinitionen für M1, M2, M3, etc. und Geldschöpfungsmechanismen einzugehen, will ich hier eine einfache Bierdeckelrechnung anstellen, um nur eine grobe Hausnummer aufzuzeigen. Die monetäre Basis, also die Zentralbankgeldmenge, der USA beläuft sich auf 5,8 Billionen Dollar (5.885.200.000.000).
Das bedeutet für Bitcoin, dessen Geldmenge auf 21 Millionen (21.000.000) festgelegt ist, dass eine "Marktkapitalisierung" von 5,8 Billionen nur über den Anstieg des Preises pro bitcoin erreicht werden kann. Das bedeutet in Zahlen einen Preis von ca. 280.000 US Dollar, oder anders ausgedrückt eine Verzehnfachung des jetzigen Preises. Ist solch ein Anstieg möglich? Wir können auf jeden Fall festhalten, dass der Preis von Bitcoin noch im März 2020 bei unter 5.000 USD lag, bevor der rasante Anstieg auf über 60.000 im April 2021 stattfand. Also innerhalb eines Jahres, hatte Bitcoin seinen Preis mehr als verzehnfacht und das ist nur der letzte deutliche Sprung, denn natürlich waren zu Anfangszeiten Sprünge im Bereich Faktor 10 keine Seltenheit. Mit dieser Rechnung möchte ich nur zeigen, dass Bitcoin momentan noch viel zu "klein" ist, um in der Liga von Währungen, wie dem US Dollar, oder dem Euro zu spielen. Diese Milchmädchenrechnung zieht auch die gesagt in Dollar angegebene Geldmenge bei fremdländischen Banken (Eurodollar) etc. nicht in Betracht.
Das alles soll nicht heißen, dass die Welt plötzlich anfängt Bitcoin als Zahlungsmittel zu akzeptieren (es besteht auch ein Unterschied zwischen Bitcoin als Währung und Bitcoin als Zahlungsmittel). Aber in solch einer hypothetischen Währungsordnung würden die Zentralbanken der jeweiligen Länder Bitcoin als Reserve hinterlegen, wie es z.B. zu Zeiten des Goldstandards der Fall war. Das heißt, den Fiat Währungen wird durch das Hinterlegen und Absichern der Geldmenge in Bitcoin ein tatsächlicher Wert verliehen und nicht wie es heutzutage der Fall ist, mit einem Versprechen die Liquidität der jeweiligen Währung "abgesichert". Hinzu kommt natürlich, dass alle oben aufgeführten Annahmen erstmal erfüllt werden müssten, um Bitcoin nur theoretisch in die Lage zu versetzen, als Leitwährung überhaupt in Frage zu kommen. Gold hat es schon immer gegeben und die Charakteristika von Gold als Reserve sind unbestreitbar, allerdings haben sich die Staaten gegen ein Gold-gestütztes Währungssystem entschieden, weil eine Abkopplung den Umgang mit Geld und Krediten viel flexibler gestaltet. Das bedeutet, dass entweder Staaten von sich aus entscheiden müssten, von nun an ihrer Währung mehr Glaubwürdigkeit und Stabilität zu verleihen, indem sie einen Bitcoin Standard für sich einführen, oder aber der Einsatz von Bitcoin weltweit so stark steigt, dass automatisch Währungssysteme, weltweiter Handel, etc. in Bitcoin benannt wird, anstatt in US Dollars wie es heute der Fall ist.
"The government currencies are so unreliable — they're also fiat currencies. They're not backed by anything," - Sen. Rand Paul
// Wrap 🌯
Über 150 Millionen Menschen auf der ganzen Welt haben Bitcoin für sich akzeptiert und benutzen es mehr oder weniger täglich für sich. Die Nachfrage nach einem extrem knappen Zahlungsmittel, das relativ einfach selbst verwahrt und durch ein global verteiltes Netzwerk von Knoten, auf dem Open-Source-Software läuft, übertragen und gesichert werden kann, wird steigen. Wenn man sich alles ansieht, was zurzeit in der Welt vor sich geht, insbesondere mit Blick auf Regierungen, die ihre politische und wirtschaftliche Macht immer weiter expandieren und damit gegen den Gedanken der freien Marktwirtschaft vorgehen, indem sie die Kontrolle über das Geld-, Lebensmittel- und Energiesystem ausbreiten, wird die Nachfrage nach Bitcoin nicht nur steigen, sondern rasant zunehmen. Die steigende Nachfrage nach Bitcoin und die gleichzeitige Abkehr und der Vertrauensverlust in die Politik der Staaten und das aktuelle Geldsystem könnte zu einem Bitcoin-gestützten Währungssystem führen, dem sogenannten Bitcoin Standard.
Die Frage ist, wie schnell wir es schaffen Bitcoin zur Reservewährung der Welt und damit die Menschheit insgesamt ein bisschen besser zu machen? Schaffen wir es in den nächsten Jahrhunderten, Jahrzehnten, oder sogar schon in den nächsten paar Jahren? Denn je länger der Übergang zu einem Bitcoin-Standard dauert, desto mehr Unsicherheit, politisches Missmanagement und korrupte (oder dumme) Entscheidungen wird die Menschheit ertragen müssen.
// Candy 🍭
London hat (äußerlich) definitiv nicht unter COVID und dem Brexit gelitten. Es war schön zu sehen, dass sich die Stadt seit meinem letzten Besuch so positiv weiterentwickelt hat. Wetter war trotzdem ätzend. In diesem Sinne, 2... 1... Risiko!
Gene