#10 // KW29 // 21.7.2022 // Mining Update 🔌

Mining stellt Bitcoins Puls dar. Ohne Mining kein Netzwerk, ohne Netzwerk keine Transaktionen. Aber Miner sind auch von Bitcoin anhängig. Über die gegenseitigen Kräfte, Abhängigkeiten und ein kleiner Ausblick in die Zukunft des Geschäftsmodells.

Block Height 745920 • Price 22.930 USD • Preis 22.530 EUR • Change from last week +15% • Market 🐻🐻🎢

// Today's Menu 📜

  • Mining ist der Puls von Bitcoin 🩸
  • Bitcoin Mining muss nicht profitabel sein 💸
  • Es gibt keine überschüssige Energie, man muss sie nur richtig nutzen ⚡

// Starter 🍸

Erstmal ein kurzes Fest für 10 Ausgaben:

Der Preis ist gestiegen, um zeitweise sogar fast 20%. Haben die Saudis etwa was damit zu tun?

Die Erholung im Preis ist eine willkommene Abwechslung und 20% klingen da auch sehr gut. Allerdings muss man das ganze relativ betrachten, denn auch bei knapp 23k befinden wir uns bei -67% seit ATH. Es gibt also noch etwas Luft nach oben.

Es ist etwas ruhiger geworden, um die CeFi Lending Plattformen rund um 3AC und Celsius, seit diese ihre jeweiligen Chapter 15 und 11 Insolvenzanträge gestellt haben und die Gesellschafter (zumindest in 3ACs Fall) untergetaucht sind (die Festnahme in Dubai konnte ich nicht verifizieren). Beide Einreichungen haben neue interessante Details zu Tage gefördert, doch spielen sich diese eher im Rahmen des Absurden ab, als tatsächliche Anhaltspunkte bei der Tatsachenfeststellung zu liefern - außer natürlich rücksichtsloses und betrügerisches Verhalten gegenüber Investoren und Anlegern. Momentan gibt es keine weiteren Verstrickungen mit anderen undurchsichtigen Geldgebern und Anlagemodellen, die direkten Einfluss auf Bitcoin nehmen. Ich bin mir sicher, dass wir uns sicherlich noch eingängiger mit dem Thema beschäftigen werden, aktuell gibt es jedoch einen weiteren Bereich in diesem ganzen Dominoeffekt von Kapitulationen, der eher eine Nebenwirkung des Preiseinbruches darstellt, und doch systemisch genug Relevanz hat, die Abwärtsspirale beim Kursverfall weiter zu befeuern. Auf dieses Thema wollen wir uns diese Woche fokussieren. Wir sprachen letzte Woche schon kurz über Bitfarms, die sich aufgrund der derzeitigen Lage gezwungen sahen Teile ihrer gehaltenen bitcoins zu verkaufen. Doch was genau ist das Problem der Miner? Und warum stoßen viele von ihnen plötzlich bitcoins ab?

Bitcoin Miner sind prozyklischen Kräften im Bitcoin-Markt ausgesetzt. Das bedeutet, wenn der Preis steigt können sie sich leisten weniger Bitcoin zu verkaufen, um die in Fiat Währungen entstehenden Kosten zu decken, sie können während eines anhaltenden Bullenmarkts ihre produzierten bitcoins halten und können zusätzliches Equipment beschaffen, um ihre Produktionskapazität zu erhöhen. Andersherum erleiden sie große Einbußen während der Abschwungphasen, in denen der Preis sinkt. Mehr bitcoins müssen verkauft werden, um gleichbleibende (oder sogar steigende) Produktionskosten zu decken, weniger bitcoins können gehalten und Reserven müssen teilweise aufgelöst werden und Equipment muss abgeschaltet oder weiterverkauft werden. Der Mining Markt verändert sich momentan also schlagartig. Kleine und ineffiziente Operationen müssen schließen, werden absorbiert, oder bilden neue Einheiten, neue Geschäftsmodelle werden entwickelt und getestet, usw. Es ist also viel los in der Mining Community. In dieser Ausgabe wollen wir einen Blick auf die Entwicklungen der letzten Wochen werfen.

// Meat 🥩

Zunächst wollen wir die derzeitige wirtschaftliche Landschaft für professionelle Miner aufbereiten, um die Entwicklungen der letzten Wochen besser einordnen zu können.

Diagnose 🩺

Wie schon erwähnt, korreliert der allgemeine Zustand, und damit einhergehend in erster Linie der Preis, von Bitcoin positiv mit den regelmäßigen Geschäftstätigkeiten von Minern. Hoher Preis bedeutet mehr Umsatz pro generiertem bitcoin, bedeutet mehr bitcoins können gehalten werden, bedeutet mehr freies Kapital für Investitionen in Equipment, bedeutet Expansion. Allerdings können Bestellungen für weiteres Equipment erst aufgegeben werden, wenn die wirtschaftliche Situation des Unternehmens dies zulässt (meist wenn der Bullenmarkt im vollem Gange ist) und die Inbetriebnahme weiterer Maschinen kann sich aus verschiedenen Gründen, einschließlich Herstellungs- und Versandzeiten, dem Aufbau der Regalkapazität für die Maschinen, usw., verzögern. Diese Verzögerung zwischen Kauf und Inbetriebnahme hat zur Folge, dass die zyklische Spitze der Hashrate historisch hinter der Spitze des Kurshochs von Bitcoin zurückbleibt. Dieses Phänomen konnte man besonders gut im vergangenen Juni betrachten, wo die Hashrate ihren ATH erreicht hat, lange nachdem der Preis schon im freien Fall war.

via Glassnode.com

Während das Hochfahren (inkl. Lieferung, Anschliessen, etc.) neuer Maschinen stattfindet, der Preis von Bitcoin aber sinkt, werden die Margen der Miner (insbesondere der weniger effizienten) komprimiert. Dieser Effekt tritt derzeit ein, da Mining Equipment Ende 2021 und Anfang 2022 (Bitcoin Preis ATH im November) weiterhin aggressiv nachbestellt wurde. Das aber zu einer Zeit, in der Lieferzeiten durch Probleme in den Lieferketten extrem verlängert wurden und somit auch das Equipment teilweise zu erhöhten Preisen gehandelt wurde. Fast forward zu heute und der Spot Preis von Bitcoin ist um etwa 70% gefallen und darüber hinaus gibt es eine neue Variable, die zur Komprimierung der Margen beiträgt, nämlich die erhöhten Energiekosten. Ausgelöst durch Planwirtschaft, Inkompetenz und Leichtsinn.

via Glassnode.com

Wie wir wissen wird der Umsatz am Besten durch Hashpreis, also der von Minern generierte Umsatz pro Tera-Hash, ausgedrückt. Wie man gut erkennen kann, ist dieser stark eingebrochen. Wenn diese Komprimierungen bei Margen auftreten ist es meistens nur eine Frage der Zeit bis Miner ihr unrentables Equipment zunächst abschalten und dann als letzten Ausweg ihre Bitcoin-Reserven oder sogar einige oder alle ihrer Maschinen (sollten keine Reserven mehr zur Verfügung stehen) verkaufen. Das hängt natürlich immer von der individuellen Situation und Strategie des einzelnen Unternehmen ab und führt Faktoren wie Laufzeit, geografische Lage, finanzielle Gesundheit, Investoren, etc. mit sich. Dies spiegelt sich in der Difficulty des Netzwerks wider, die in den letzten vier Anpassungen drei mal nach unten korrigiert wurde.

via Glassnode.com

Zusätzlich konnte man auch tatsächlich On-Chain Verkaufsaktivitäten, sowie Bitcoin-Zuflüsse von Minern zu Börsen beobachten.

via CryptoQuant.com

Diese Entwicklung ist nicht drastisch und hat sich mittlerweile abgekühlt, allerdings bedeutet das nicht, dass sich Miner auch bei aktuell minimal besserem Bitcoin- und Energiepreis nicht immer noch in einer Stresssituation befinden und möglicherweise weiter trimmen müssen. Dies wäre insbesondere der Fall, sollte sich der Bitcoin Preis noch mal entweder deutlich nach unten bewegen, oder noch viel länger in seiner relativen Seitwärtsbewegung mit minimalen Ausschlägen nach oben und unten verharren.

via Glassnode.com

Die gezeigte Hash Ribbon Metrik ermöglicht den Blick auf die Zeitspannen, in denen schwache Miner ihr Equipment abschalten. Derzeit befinden wir uns seit grob über einem Monat wieder in einem solchen Kapitulationszyklus.

Letztendlich kann man davon ausgehen, dass diejenigen Mining Operationen, die den aktuellen Bärenmarkt überleben, deutlich stärker zurückkommen werden. Es werden sicherlich einige Übernahmen von schwächeren oder schlechter aufgestellten Konkurrenten / Mitstreitern den Weg dorthin pflastern, einige Operationen werden komplett verschwinden und sicherlich die meisten ihre Strategie anpassen müssen. Es öffnet allerdings auch die Tür für alle diejenigen, die ins Mining Geschäft einsteigen wollen, denn selten war die Konkurrenz aufgewühlter und selten war Equipment günstiger. Für den Preis bedeutet das in erster Linie, dass die Talsohle erreicht ist.

“Given the magnitude of the supply controlled by miners, and the general level of high efficiency in their businesses, when miners are selling the worst has often occurred. As a result, price and hash rate recovery out of this miner capitulation has historically marked major price bottoms.” - Charles Edwards

Jedoch darf man bei alledem nicht vergessen, dass das Mining Bitcoins Puls darstellt. Ohne Mining kein Netzwerk, ohne Netzwerk keine Transaktionen. Darüber hinaus bildet das Mining die immens wichtige und doch oft vernachlässigte Schnittstelle zwischen der digitalen und der realen physischen Welt. Das Mining ist das Umspannwerk, das reale in der Welt vorkommende (und oft ungenutzte) Energie in Bitcoin, und damit in digitales Geld umwandelt. Und gerade diese Rolle an der Schnittstelle macht das Mining viel greifbarer, als viele der anderen Unternehmung rund um Bitcoin. Denn Mining schafft echte Arbeitsplätze, Mining zahlt reale Steuern und Mining fördert den Technologieausbau und die Forschung rund um Themen wie ASICs, Wärme- und Energiespeicherung, Datensicherung, usw.

News 🗞️

Sustainable Bitcoin Miner CleanSpark Purchases Over 1,000 Mining Rigs
CleanSpark added an additional 93 PH/s to its mining capacity after purchasing over 1,000 Whatminers to be co-hosted by Coinmint.

Wie bereits gesagt, die Industrie erlebt gerade eine Restrukturierung und Übernahmen von Konkurrenten und Mitstreitern werden in den nächsten Wochen keine Seltenheit darstellen. Das NASDAQ gelistete nachhaltige Bitcoin Mining Unternehmen CleanSpark  hat nun angekündigt weitere 1.061 Maschinen in Betrieb genommen zu haben, die sie durch die Übernahme von Coinmint erworben haben. Erst letzten Monat hatte CleanSpark weitere 1.800 Maschinen durch eine Übernahme hinzugefügt. Damit hat die Mining-Kapazität von CleanSpark in den letzten sechs Monaten um 47% zugenommen.

Texas Bitcoin Miners Power Down as Heat Wave Threatens Grid With Rolling Blackouts - Decrypt
Bitcoin mining companies are responding to a request from Texas power grid operator ERCOT to conserve energy to avoid outages.

Texas erlebt gerade eine starke Hitzewelle und ERCOT, der texanische Netzbetreiber, hat die Bevölkerung zum Energiesparen aufgerufen. Das haben sich die ansässigen Mining Firmen zum Anlass genommen und ihre Operationen heruntergefahren um dem Stromnetz bisher über 1.000 Megawatt freizustellen. Dies ist ein hervorragendes Beispiel für das Narrativ der Netzstabilisierung durch Bitcoin Mining.

Das Argument der Netzstabilisierung lautet wie folgt. Es gibt einen natürlichen Tages/Nacht- und Jahreszeitenzyklus an Energiebedarf. Kraftwerke und andere Stromerzeugungsquellen sind so ausgelegt, dass sie innerhalb eines schmalen Bandes der Energieerzeugung effizient laufen, jedoch viel enger als diese Nachfrageschwankungen bedingt durch Zyklen. Da es jedoch unwirtschaftlich ist eine Stromproduktion aufzubauen, die auch die hohen Nachfragespitzen abdeckt und folglich außerhalb dieser Spitzen überschüssigen Strom produziert, gibt es immer wieder Zeiten, in denen die Produktion nicht schnell genug hochgefahren werden kann, um die Nachfrage zu decken. Bitcoin Mining würde den Ausbau auf eine solche hohe Kapazität wirtschaftlich machen, da Miner in Zeiten von überschüssig produziertem Strom einspringen, um diesen in Bitcoin umzuwandeln, und ihre Operationen in Zeiten von extremer Nachfrage herunterzufahren. Dies würde ein stabiles, effizientes und gleichmäßig laufendes Stromnetz gewährleisten.

Bitcoin Mining Rigs Could Heat Vancouver Homes Next Year. Take That, ESG FUD | Bitcoinist.com
The city of Vancouver could soon take a step into the future. As New York is about to take the Chinese route and cut itself from yet another industry,

Nicht mehr ganz so frische Nachrichten, allerdings passt es thematisch gut rein, denn anders als Texas hat Kanada, und in diesem spezifischen Fall Vancouver, in der Regel kein Hitzeproblem, sondern muss sich um seine Wärme an kalten Tagen sorgen. Deshalb plant die Stadt nun einen gemeindeeigenen Raum für den Betrieb von Bitcoin Mining durch die Firma MintGreen bereitzustellen. Die Stadt Vancouver und MintGreen planen so in den nächsten 12 Jahren 20.000 Tonnen CO2-Emissionen einsparen und gleichzeitig durch das entwickelte Verfahren mehr als 96% des für das Mining verwendeten Stroms in Form von Wärmeenergie zurückzugewinnen. Das Verfahren macht sich die starke Hitzeentwicklung der ASIC Prozessoren beim Minen zu Nutze und anstatt nur mit Kühlern zu arbeiten und die verlorene Energie abzuführen, wird über einen Wärmetauscher diese Wärme direkt an das Fernwärmesystem abgegeben.

Auch dies ist ein hervorragendes Beispiel für Bitcoin Minings Narrativ als Energiespeicher im Gegensatz zum weit verbreiteten Auffassung Bitcoin sei Energieverschwendung. Ich sagte bereits Mining fördere den Technologieausbau und die Forschung rund um Themen wie ASICs, Wärme- und Energiespeicherung. Diese beiden Nachrichten beweisen, dass mit etwas Innovationsgeist und Mut unsere alten Systeme und Wege neu zu denken viel erreicht werden kann, ohne sofort den Teufel an die Wand zu malen.


// Wrap 🌯

Die Bitcoin Mining Industrie ist im Umschwung. Viel Umstrukturierung ist im Gange und viele der Unternehmen betätigen sich schon in Feldern außerhalb des traditionellen Maschine-an-Strom-stecken-und-Bitcoin-minen Geschäfts. Der fallende Bitcoin Preis, sowie steigende Energie- und Betriebskosten zwingen Bitcoin Miner innovative Lösungen zu finden. Der generelle ESG Wahn und ein schlechter Ruf als Energieverschwender haben zumindest den Vorteil, dass sich Miner möglichst nachhaltig und sauber aufstellen, um auch öffentlichkeitswirksame Schlagzeilen zu generieren. Aber auch über den Gedanken neben dem eigentlichen Bitcoin Mining Umsatz oder indirekte andere Vorteile zu erzeugen, gibt es einen weiteren des spannenden Gedanken zum Thema Profitabilität.

Who Says Bitcoin Mining Needs To Be Profitable?
In addition to profits, bitcoin mining can also offer consistent electricity demand and can clean up the air by utilizing electricity made from wasted methane.

Denn was ist wenn, wie so schön in diesem Meinungsbeitrag von Mickey Koss im Bitcoin Magazine ausgearbeitet, Bitcoin Mining überhaupt nicht immer profitabel sein muss? Was ist wenn man sich eine Scheibe bei MintGreens Modell abschneiden könnte und zukünftig sein Haus mit einer Technik beheizen könnte, die gleichzeitig das Minen von Bitcoins erlaubt. Dann wäre der Gedankengang umgekehrt - nicht Wärme als Beiprodukt von Mining, sondern Generieren von Bitcoin als Beiprodukt von Wärmen. Dann würde das Mining plötzlich nicht zusätzlichen Strom verbrauchen, sondern Teile der Stromrechnung für das Wärmen der Wohnung bezahlen.

Wenn Kraftwerke so gebaut würden, dass überschüssige Energie, wie im Texas Beispiel, sofort in Bitcoin Mining gesteckt anstatt vernichtet/versandet würde, dann müsste Mining nicht profitabel sondern lediglich die Opportunitätskosten aufwiegen, überhaupt keinen Strom zu produzieren oder überschüssigen Strom zu vernichten. Wie in einer der vorigen Ausgaben erwähnt, stellt auch das sogenannte Flaring bei der Gewinnung von Erdöl- und gas eine große Energieverschwendung dar. Marathon Oil, eine texanische Ölfirma, nutzen nun Gas, das andernfalls aufgrund eines fehlenden Gasanschlusses oder aufgrund von Kapazitätsengpässen bei der Entnahme von Öl abgefackelt würde, Strom zu erzeugen, der von Equipment zum Mining genutzt wird.

“[Gas] that would otherwise be flared due to lack of a gas connection or gas takeaway capacity constraints [to] generate electricity to power co-located computing and data centers used for Bitcoin mining.”

Eine Zukunft, in der jeder große Ölproduzent auch ein Bitcoin Miner ist oder zumindest einen Bitcoin-Mining-Arm betreibt oder mit einem großen Bitcoin Mining Anbieter zusammenarbeitet, ist sehr leicht vorstellbar. Und auch andere Industrien, die entweder externe Hitze benötigen, überschüssige Energie versanden lassen, Gase als Beiprodukt herstellen, etc. könnten die Bitcoin Miner der Zukunft darstellen, in der der Umsatz mit Bitcoin nicht im Vordergrund steht, aber dabei hilft die Betriebskosten zu senken. Das würde auch das Problem mit dem gen Null laufenden Block Reward lösen. Aber das ist ein Thema für ein anderes Mal.

via @optout1971

// Candy 🍭

Mich würde der Bier/Sonnenblumenöl-Kurs interessieren. 

Twitter Account der Woche:

Die Bitcoin Legende Andreas Antonopoulos

40°C ist mir zu viel. Ich liebe warmes Wetter, aber alles hat seine Grenzen.

In diesem Sinne, 2... 1... Risiko!‌

Sven