#15 // KW34 // 25.8.2022 // Bitcoin und der Tod ☠️

Selten befasst man sich mit seinem eigenen Tod. Noch viel weniger mit dem, was danach passiert und vor allem: Was mit den ganzen vielen bitcoins passiert, die man so lange für seine Liebsten gehodlet hat.

Block Height 750965Price 21.713 USD • Preis 21.774 EUR • WoW -7,31% • MVRV 0,99 • Market 🐻🐻

// Today's Menu 📜

  • Der Preis ist eine Achterbahn 🎢
  • Bitcoin ist schon oft gestorben 💀
  • Vererben kann so kompliziert sein 📜

// Starter 🍸

Intro

Wie bereits angekündigt, wird diese Ausgabe des Newsletters Sommerurlaubs-bedingt etwas kürzer, was dazu führt, dass alle folgenden Zahlen auf Informationen von Mittwochabend basieren (siehe Block Height). Des Weiteren will ich noch eine Klarstellung vorweg stellen. Denn letzte Woche habe ich über Krypto Mixer im Zusammenhang mit Tornado Cash gesprochen. Dabei habe ich unsauber formuliert, dass

[die] Frage bleibt, ob das US Finanzministerium einen Präzedenzfall eröffnet hat, da ähnliche Dienste, wie z.B. CoinJoin oder Whirlpool, auch bei Bitcoin bestehen.

Allerdings sollte klargestellt werden, dass ein Mixer eingezahlte Geldmengen miteinander vermengt und im Gegensatz dazu ein CoinJoin nichts anderes ist, als eine Bitcoin-Transaktion. Diese unterscheidet sich von typischen Bitcoin-Transaktionen, da CoinJoins besonders groß sind und Anbieter wie Samourai nur die Koordination von verschiedenen Nutzern koordinieren. Es entstehen keine Einzahlungen, kein Pooling und keine Auszahlung von Geldern.

Bitcoin ist schon sehr oft gestorben. 461 Male um genau zu sein und die Uhr tickt.

Bitcoin Obituaries - “Bitcoin is Dead” Declared 400+ Times
Until today “Bitcoin is dead” was declared more than 400 times. This is the official source for all Bitcoin obituaries since 2010.

Doch so zynisch wir uns gerne mit den ganzen Endzeitpropheten rund um Bitcoin beschäftigen, umso weniger sarkastisch und viel realer wird das Thema Bitcoin im Zusammenhang mit unserem eigenen Ableben. Deshalb wollen wir uns diese Woche mit dem Thema des Vererbens von Bitcoin beschäftigen. Doch zunächst wie immer erst einmal ein kleiner Überblick über die wichtigsten News der Woche und Bitcoins Blutwerte.

Kurven und Zahlen

Nachdem der Preis in der Vorwoche die Höchstmarke für den aktuellen Zyklus erreicht hat, ist er in dieser Woche wieder drastisch gefallen. Sogar teilweise unter die 21.000 US Dollar Marke. Der einzige Wermutstropfen? Der Preis ist in Euro gemessen mehr wert als in US Dollar 🙄

via Messari.com

200 WMA Heatmap Update

Zeitpunkte mit lila und blauen Preispunkten liegen nahe dem 200 WMA und sind historisch gesehen gute Zeiten zum Kaufen. Der Preis hat in jedem seiner Marktzyklen seinen Tiefpunkt um den 200 WMA erreicht.
via Coinglass.com

Der Preis ist wieder unter den MA gefallen. Das zeigt, dass der Tiefpunkt noch immer nicht überwunden ist und wahrscheinlich eine langsamere Erholung eintritt, als bisher erwartet.

Realized Price

Realized Price = Realized Cap / Anzahl der bitcoins im Umlauf. Realized Cap, also eine realistischere Sicht auf die Marktkapitalisierung, wird wiederum berechnet, indem jedem UTXO der letzte Wert zugeschrieben wird. Ist die Market Value to Realized Value (MVRV) <1 heißt dies, dass der durchschnittliche Bitcoin Investor unter Wasser ist.
via CryptoQuant.com

Auch der Realisierte liegt wieder leicht über dem Spot Preis. Damit liegt der durchschnittliche Investor wieder leicht im roten Bereich. Das wird leicht am MVRV von unter 1 deutlich.

Hashpreis / Difficulty

Hashpreis = Bitcoin Preis / Hashrate. Der von Minern generierte Umsatz pro Tera-Hash. Difficulty ist die mathematisch Schwierigkeit, die eine Blockzeit von ca. 10 Minuten erzeugt.

Wie zu erwarten, wenn der Bitcoin Preis stark fällt, ist auch der Hashpreis wieder gefallen. Die Hashrate ist wieder in einem Aufwärtstrend und auch die Difficulty ist wie erwartet leicht nach oben angepasst worden. Das impliziert, dass es den Minern relativ gut geht und weiterhin mehr oder bessere Geräte angeschlossen werden.

Hash Ribbon

Roter Bereich = 30d MA der Hashrate kreuzt über 60d MA.
Zeiten, in denen dies eintritt und die Preisdynamik von negativ auf positiv wechselt, haben sich als gute Kaufgelegenheiten erwiesen.
via LookIntoBitcoin.com

Offiziell ist der Zyklus der Kapitulation der Miner beendet. Der 30-Tage-Durchschnitt (30d MA) der Hashrate liegt über dem 60-Tage-Durchschnitt (60d MA) und das bei positiver Preisdynamik. Natürlich sollte man hier im Hinterkopf behalten, dass der Preis erst deutlich nachgelassen hat, bevor er dann im Laufe der Woche wieder einen positiven Trend eingeschlagen hat.

Stock-to-Flow

Das Verhältnis des aktuellen Bestands (Stock) (d.h. zirkulierende bitcoins) und des Flusses der Neuproduktion (Flow) (d.h. neu geminte bitcoins). Der Bitcoin Preis hat sich historisch an das S/F-Verhältnis gehalten und daher ist S2F ein gutes Modell, um zukünftige Bitcoin-Bewertungen vorherzusagen.
via Glassnode.com

// Meat 🥩

Prinzipiell dürfte die Annahme gelten, dass der/die durchschnittliche Bitcoin HODLer//in eher jünger und technikaffin ist, weshalb sich das Thema Bitcoin im Zusammenhang mit unserem eigenen Ableben meist selten stellt. Die meisten von uns beschäftigen sich mit dem Hier und Jetzt und vielleicht mit der nahen Zukunft von Bitcoin, der Zukunft unserer Welt unter einem Bitcoin Standard oder der Zukunft im Hinblick auf technologischen Fortschritt und Weiterentwicklung. Jedoch an seinen eigenen Tod und den damit verbundenen Folgen denkt niemand so gerne. Und doch ist es wichtig, sich mal darüber Gedanken zu machen, was mit den erworbenen bitcoins passiert, wenn wir mal nicht mehr sind. Zentralisierte Dienste wie Google oder Facebook bieten Dienste an, die sich genau mit diesem Thema auseinandersetzen, also wer verwaltet meine Konten, Abos, usw. wenn ich mal sterben sollte. Doch ist es bei solchen Diensten einfacher, denn diese Dienste stellen auch den Pförtner zu den Konten dar und wenn ich alles richtig veranlasst habe, gewähren diese meinen Hinterbliebenen Zugang zu meinen Daten. Bei Bitcoin ist dies anders, denn im Idealfall haben wir einen solchen zentralen Pförtner nicht. Wir müssen also selbst dafür sorgen, dass die richtigen Personen Zugriff auf unsere Ersparnisse bekommen. Dabei sehe ich die folgenden Szenarien:

  1. Nichts tun
  2. Exchange plus Passwort
  3. Desktop Wallet
  4. Mobile Wallet
  5. Paper Wallet zu Hause
  6. Paper Wallet im (Bank-)Safe
  7. Hardware Wallet zu Hause
  8. Hardware Wallet im (Bank-)Safe
  9. Multisig Lösung
  10. Custodial Service

Also der Reihe nach.

1) Nichts tun

Dieser Fall ist der Einfachste. Ich kümmere mich um nichts, sollen mir doch alle gestohlen bleiben. Meine bitcoins nehme ich mit ins Grab. Dafür, dass ich immer als Nerd und "der eine Freund mit Bitcoin" belächelt wurde, sollen die alle büßen!

2) Exchange plus Passwort

Ich habe meine bitcoins auf einem Exchange liegen und habe mich sowieso nie mit vernünftiger Verwahrung von Bitcoin auseinandergesetzt. Das Passwort habe ich auf meiner Passwort-Liste in meiner Dropbox unter Passwörter.docx gespeichert. Das Passwort für meine Dropbox natürlich auch. Meine Hinterbliebenen werden das Passwort schon erraten, ich benutze ja für alle Accounts seit Jahren das gleiche. Das wird schon klappen.

3) Desktop Wallet

Desktop Wallets haben den Vorteil, dass der Familien PC/Mac/Laptop bei den meisten Familien für alle zugänglich ist und dass es auch für Desktops sogenannte Cold-Wallets (also nicht mit dem Internet verbunden) gibt. Mit dem Zugriff ist die erste Hürde genommen, allerdings lassen sich auch Desktop Wallets mit einem Passwort versehen. Dieses sollte natürlich vorsorglich so hinterlegt werden, dass eine vertraute Person in Notfällen Zugriff darauf hat. Jetzt bleibt natürlich das Restrisiko eines Festplattencrashs oder der generelle Verlust des Geräts. Auch sollte den Hinterbliebenen immer auch die Information zuteil werden, dass auf dem besagten Gerät eine Wallet installiert ist und im besten Falle auch, wie diese zu bedienen ist. Definitiv sicherer als irgendwelche Exchanges oder andere Services, die Bitcoin für den Nutzer verwahren. Not your keys, not your coins!

4) Mobile Wallet

Im Vergleich zum Desktop Wallet viel schwieriger, da so ein Mobiltelefon a) eine viel kürzere Lebensdauer hat, b) viel höherem Risiko ausgesetzt ist kaputt oder verloren zu gehen, c) mit biometrischen Zugangsdaten verschlüsselt werden kann und d) nur Hot-Wallets einsetzen kann. Abgesehen vom letzten Punkt, der ein generelles Sicherheitsrisiko darstellt, sind Mobiltelefone einfach viel schwieriger weiterzugeben und im Falle eines (plötzlichen - und davon gehen wir ja wahrscheinlich gerade aus) Ablebens, ist es sicherlich bei der fraglichen Person, d.h. es nimmt sehr wahrscheinlich Schaden. Eine Mobile Wallet sollte also nie die einzige Verwahrmethode sein. Natürlich sollte es immer noch den Seed-Phrase-Backup geben, jedoch wird dieser meist auf Papier notiert und zu Hause verstaut, also weiter zu 5).

5) Paper Wallet zu Hause

Ob Paper Wallet oder Seed-Phrase-Backup. Ob Private Key notiert auf Papier, oder 12 bzw. 24 Wörter notiert auf Papier. Papier bleibt Papier und damit anfällig für äußere Schäden und ist leicht zu verlieren. Sollte dies die Methode meiner Wahl sein, bietet es sich an, diesen vielleicht als Anhang meinem Testament beizufügen. Damit wäre alles an einem Ort und der testamentarische Verweis auf meine bitcoins könnte sofort auf den Private Key / Seed-Phrase hinweisen. Aber wenn ich dieses Testament in Papierform zu Hause aufbewahre, gehe ich wieder das Risiko des Fremdzugriffs und der äußeren Anfälligkeit ein.

6) Paper Wallet im Safe

Also verwahre ich das Stück Papier im Safe entweder zu Hause oder bei der Bank. Dies ist prinzipiell keine schlechte Idee, solange die Hinterbliebenen Zugriff zu dem Safe bekommen.

7) Hardware Wallet zu Hause

Für zu Hause verwahrte Lösungen ist das Hardware Wallet wahrscheinlich die beste. Es bietet ausreichend Sicherheit, aber auch Nutzerfreundlichkeit, sodass auch nicht so technikaffine Hinterbliebene damit umgehen können. Wichtig ist jedoch, wie bei allen Lösungen, die ordnungsgemäße Aufbewahrung und darüber hinaus die sichere Lagerung der Seed-Phrases.

8) Hardware Wallet im (Bank-)Safe

Die wahrscheinlich sicherste Lösung, um bitcoin sicher zu verwahren. Allerdings auch etwas unbequem für den täglichen Gebrauch. Doch mit Hinblick auf Vererben von Bitcoin, lässt sich im Schließfach auch eine kurze Anleitung mit allen wichtigen Informationen und Schritten zum Zugänglichmachen des Vererbten beilegen. So hat der/diejenige mit Zugang auf das Schließfach auch automatisch Zugang auf meine bitcoins.

9) MultiSig Lösung

Wie schon in Ausgabe #11 beschrieben, bieten MultiSig Wallets die Möglichkeit Wallets einzurichten, die mehreren Nutzern Zugriff auf die hinterlegten bitcoins gewähren. In der einfachsten Variante kann ich also einer oder mehreren Vertrauten zum jetzigen Zeitpunkt schon Zugang zu meiner Wallet gewähren, ohne mich darum zu kümmern, wie nach meinem Ableben physische oder digitale Informationen übermittelt werden. In komplizierten Szenarien ließen sich auch Modelle entwickeln, in denen nur mit 2 von 3 Schlüsseln Transaktionen unterschrieben werden können. Den dritten Schlüssel könnte eine vertrauenswürdige dritte Person, wie z.B. ein Notar verwalten, oder dieser Schlüssel wird in einem Schließfach verwahrt. Es lassen sich verschiedene Modelle erdenken und der Vorteil ist, dass ich diese Maßnahmen heute schon gut ergreifen kann. Sie setzen jedoch eine gewisse Kompetenz der Hinterbliebenen voraus, weshalb diese Lösung auch etwas komplizierter erscheint.

10) Custodial Service

Eine letzte Möglichkeit bieten Drittanbieter wie Casa. Sie verbinden die Sicherheit der MultiSig Lösung mit der Nutzerfreundlichkeit einer App. Kurz erklärt: Anstatt eines Notars oder einer anderen dritten Person springen diese Anbieter als einer der Key-Holder ein. Dies ist insofern sicher und nicht mit einem Exchange zu vergleichen, als dass dieser Anbieter mit dem einen Key niemals Zugriff auf die Wallet bekommt. Ausserdem bieten diese Dienste Funktionen an, verlorene Keys zu ersetzen, sie bieten Trainings an und stellen sogar in vielen Fällen (und je nach Paket) die benötigte Hardware zur Verfügung. Allerdings sind diese Services mit hohen Kosten verbunden und lohnen sich dementsprechend auch nur für größere Summen Bitcoin.


// Wrap 🌯

Am Ende bleibt festzuhalten, dass die gewählte Methode immer davon abhängt, wie sehr man sich mit dem Thema auseinandersetzen möchte, wie hoch die Summe der zu vererbenden bitcoins ist, wer die Zielgruppe ist (also wie technikaffin schätze ich meine Hinterbliebenen ein) und wie sehr man möchte, dass die Hinterbliebenen auf die gesparten bitcoins Zugriff erlangen. Bei fast allen Methoden sollte man sicherstellen, dass im Falle eines Ablebens die folgenden Punkte geklärt sind:

1) Zugriff auf Passwort, Hardware und Schließfach / Versteck

2) Information, darüber dass Bitcoin hinterlassen / gespeichert ist

3) Sachkundige und vertrauenswürdige Person benennen, die im Notfall bitcoins handhaben / liquidieren / investieren kann

Es ist also alles nicht so einfach. Und mit dem Thema Erbschaftssteuer haben wir uns nicht mal im Entferntesten auseinandergesetzt 🤮


// Candy 🍭

WTF happened in 1971? Frag mal Tricky Dick!

Twitter Account der Woche:

Streitbar und provokativ, aber wichtig

Nach dem ganzen Gerede vom Tod, diese Woche nur ein Ausblick aus dem Urlaub:

In diesem Sinne, 2... 1... Risiko!‌

Sven