#53 // KW21 // 25.5.2023 // Hohe Transaktionsgebühren 🏊♂️🧙♂️🐸
Seit einigen Wochen wird viel über die stark gestiegenen Transaktionskosten und einen zum Bersten gefüllten Mempool diskutiert. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob hohe Transaktionskosten ein Problem darstellen. Aber was bedeutet hoch? Waren sie vielleicht bisher zu niedrig?
// TL;DR
- Transaktionskosten unterstützen das Sicherheitsbudget 👮
- Eine bessere Infrastruktur wird gebraucht, um den Mempool zu entlasten 🚊
- Hohe Gebühren bedeuten auch eine Hürde für Nutzer//innen 🫰
Seit einigen Wochen gibt es im Bitcoin Space ein wichtiges Thema. Es geht um den Preis. Allerdings nicht - wie in Zeiten hoher Volatilität üblich - um den Kurs von Bitcoin, sondern um die hohen Transaktionsgebühren.
Ausgelöst wurden diese hohen Transaktionsgebühren durch die "Verstopfung" des Mempools. Die hohe Transaktionsflut wurde hauptsächlich durch BRC20 Token und Ordinals ausgelöst, welche dazu führen, dass generische Transaktionen im Mempool stecken bleiben. Dies lässt sich durch einen Blick auf die Gebührenstruktur des Mempools recht leicht identifizieren. Wenn man sich die untere Grafik anschaut, sieht man sehr deutlich, dass die roten und gelben Spitzen Transaktionen mit Gebühren größer als 100 Sat/vB anzeigen, was auf eine hohe Zeitpräferenz schließen lässt. Das wiederum lässt auf Transaktionen schließen, die möglichst zeitnah umgesetzt werden sollen, um - wie im Falle von Meme-Tokens - einen Profit zu generieren, der diese hohen Transaktionskosten rechtfertigt, oder zumindest ausgleicht.
Das Schreiben von BRC20 Token und das Hochladen von Ordinals (meistens Bilder) direkt in die Bitcoin-Blockchain ist mit recht hoher Sicherheit der Treiber dafür, dass der Mempool seit einiger Zeit komplett ausgelastet ist (also die 300 MB-Grenze übersteigt) und, zum Zeitpunkt des Verfassens, über 300.000 Transaktionen darauf warten, in einen Block geschrieben zu werden. Dies entspricht etwa 220 Blöcken, die das Netzwerk produzieren könnte, ohne dass eine einzige weitere Transaktion hinzu kommt. Die große Menge an hochgeladenen Daten hat auch dazu geführt, dass Gebühren zeitweise in den Bereich von über 300 sat/vB gehoben wurden.
Die Diskussion, die entstanden ist, befasst sich grundlegend mit der Frage, ob hohe Transaktionen erstmal gut oder schlecht für das Bitcoin-Netzwerk sind?
Wie bei vielen Diskussionen sind die Argumente subjektiv und immer aus der Perspektive des Vortragenden zu betrachten, ein Miner findet hohe Transaktionskosten zunächst mal immer gut, denn es erhöht die Topline. Ein/e freiheitsliebene/r Menschenrechtsaktivist//in, der/die versucht im Globalen Süden mit Hilfe von Bitcoin finanzielle Bildung und Selbstbestimmtheit zu fördern, findet hohe Transaktionskosten mit Sicherheit schlecht.
Security Budget
Hashing schützt Bitcoin vor böswilligen Akteuren, die versuchen, eine Transaktion doppelt auszugeben. Damit Bitcoin sicher funktioniert, muss es unmöglich sein, dass jemand den selben bitcoin zweimal ausgibt, was als Double-Spend-Angriff bezeichnet wird. Die erfolgreiche Durchführung eines solchen Angriffs mit einem großen Teil der Hashrate des Netzwerks würde den kollektiven Glauben an Bitcoin als unveränderliches globales Hauptbuch untergraben. Je mehr Hashrate das Bitcoin-Netzwerk insgesamt hat, desto schwieriger wird es für jeden Angreifer, es zu untergraben.
Das Sicherheitsbudget von Bitcoin ist von entscheidender Bedeutung, da es die Integrität des gesamten Netzwerks gewährleistet. Als dezentralisiertes System basiert Bitcoin auf einem konsensbasierten Algorithmus (Proof-of-Work /PoW). PoW erfordert, dass alle Miner im Netzwerk spezielles Mining-Equipment verwenden, dass nur darauf ausgelegt ist, Hashes so schnell wie möglich zu berechnen. Dieses Aufwenden von realen Ressourcen (z. B. Strom, Hardware, OpEx) im Tausch für Hashrate hat zwei Effekte: 1) Es werden Transaktionen der Blockchain hinzugefügt, die auf vorherige Transaktionen aufbauen und somit werden diese vorherigen Blöcke und die darin enthaltenen Transaktionen abgesichert. 2) Erhalten erfolgreiche Miner eine Belohnung (den Blockreward) für die getane Arbeit und für die aufgewendeten realen Ressourcen. Somit werden neue bitcoins dem Ausgabezeitplan gemäß freigelegt und im System verteilt, was (zumindest für die nächsten Jahrzehnte) einen Anreiz für Miner schafft, Energie und Rechenleistung aufzuwenden.
Die Miner spielen also die zentrale Rolle bei der Sicherung des Bitcoin-Netzwerks, um es vor potenziellen Angriffen zu schützen. In den Anfangsjahren von Bitcoin (also auch heute noch) wird dieses Sicherheitsbudget zu einem großen Teil durch die Blockbelohnung, spezieller durch die Subsidy, finanziert. Doch durch den kontrollierten Ausgabezeitplan wird auch der Halbierungszyklus (das Halving) festgelegt. Damit halbiert sich die Subsidy in jeder Epoche und der finanzielle Anreiz, den Miner aus dem Produzieren von Blöcken ziehen, verlagert sich mehr und mehr zu den Transaktionskosten, dem zweiten Bestandteil der Subsidy.
Das Netzwerk zu schützen bedeutet also einen Anreiz zu schaffen, einen Angriff immer weitaus weniger profitabler zu machen, als was der Angreifer durch ehrliches Verhalten mit seinem Mining-Equipment verdienen könnte. Bei einer sogenannten "51%-Attacke", bei der ein einzelner Miner oder eine Gruppe von Minern über 50% der Rechenleistung des Netzwerks kontrolliert, könnte das Netzwerk manipuliert und Transaktionen rückgängig gemacht oder doppelt ausgegeben werden. Warum dies viel schwieriger ist, als es sich anhört und was die weiteren Implikationen darstellen, bietet genug Stoff für einen eigenen Artikel. Allerdings ist wichtig festzuhalten, dass das Risiko dennoch gemindert werden muss und deshalb ist es wichtig, dass das Sicherheitsbudget kontinuierlich ausreichend hoch ist.
Der Kapitalbetrag, den Miner gemeinsam investieren können, ohne Geld zu verlieren, bildet das Sicherheitsbudget von Bitcoin. Oder anders ausgedrückt, der Betrag, den Miner vernünftigerweise investieren wollen, entspricht dem möglichen Einnahmen durch das Produzieren gültiger Blöcke. Wie wir jetzt wissen, bestehen diese Einnahmen primär aus zwei Komponenten: der Subsidy für jeden erfolgreich produzierten Block und den Transaktionsgebühren innerhalb dieser Blöcke. Hohe Transaktionskosten bedeuten also automatisch ein höheres Sicherheitsbudget für das Bitcoin-Netzwerk. Hohe Gebühren unterstützen also das langfristige Sicherheitsmodell von Bitcoin.
Stresstest und Infrastrukturausbau
Der Markt lernt eine sehr wertvolle Lektion über die Grenzen von Bitcoin, wo sie bestehen, wie der Markt reagiert, wenn sie erreicht werden, und was mit der Gesundheit des Netzwerks passiert. Diese Lektionen sind wichtige Lektionen, die es zu lernen gilt. Bitcoins Transaktionsgebühren haben schon einmal einen rasanten Anstieg erlebt. Damals führte die daraus entstandene Debatte zu den sogenannten Blocksize Wars.
Dabei geht es um eine kontroverse Debatte innerhalb der Bitcoin-Community über die angemessene Größe eines Blocks. Im Code festgelegt war eine Blockgrößenbeschränkung von 1 MB festgelegt. Dieses Limit sollte Spam und mögliche Netzwerküberlastungen verhindern. Doch mit zunehmender Beliebtheit von Bitcoin und dem steigenden Gebrauch kamen Bedenken hinsichtlich seiner Skalierbarkeit auf. Durch eine begrenzte Blockgröße war die Anzahl der Transaktionen, die pro Sekunde verarbeitet werden konnten, begrenzt, was zu langsameren Transaktionsbestätigungszeiten und höheren Gebühren in Spitzenzeiten führte. So entstanden zwei Hauptvorschläge, um das Problem der Skalierbarkeit anzugehen. Der erste Vorschlag bestand darin, die Blockgrößenbeschränkung zu erhöhen, um die Aufnahme von mehr Transaktionen in jeden Block zu ermöglichen. Der zweite Vorschlag, bekannt als Segregated Witness (SegWit), zielte darauf ab, die Nutzung des Blockraums durch die Trennung von Transaktionssignaturen von den Transaktionsdaten zu optimieren.
Die Debatte über die Blockgröße führte schließlich im August 2017 zur Hard Fork von Bitcoin, was zur Schaffung von Bitcoin Cash (BCH) führte, wodurch die Blockgröße auf 8 MB erhöht wurde. Im Laufe der Zeit erhielten bei Bitcoin verschiedene Skalierungslösungen Einzug, die die Limitierung der Blockgröße anders umgehen, darunter darunter auch SegWit, aber auch das Lightning Netzwerk (Layer-2-Skalierungslösung) und Verbesserungen der Transaktions-Batching- und Gebührenschätzungsalgorithmen.
Ein begrenzter Transaktionsdurchsatz auf der Blockchain stellt sicher, dass Bitcoin dezentral bleiben kann, indem die Blockgröße und damit die Blockchain relativ klein gehalten werden und die Bandbreitenanforderungen niedrig genug gehalten werden, sodass der Betrieb eines Netzwerk-Knotens im Bitcoin-Netzwerk für Personen ohne leistungsstarke Computer und Internetgeschwindigkeiten zugänglich bleibt. Es ist unwahrscheinlich, dass der Transaktionsdurchsatz auf der Layer-1-Chain in absehbarer Zeit wesentlich ansteigt. Wenn Bitcoin mehr Verbreitung finden würde, würden mehr Benutzer um den begrenzten Blockplatz konkurrieren und die Transaktionsgebühren würden steigen. Es gibt jedoch eine Grenze dafür, wie viel eine Person bereit ist, für eine Transaktion zu zahlen, bevor sie zu einer anderen Lösung wechselt, die günstiger ist, aber dennoch ihre Bedürfnisse erfüllt.
Ähnlich wie damals führt auch heute der Stresstest dazu, dass neue Lösungen er- und alte Lösungen überdacht werden. Das ist für Bitcoin ein Nettopositiv.
Marktdynamik
Transaktionsgebühren begrenzen den Netzwerkmissbrauch, indem sie die Nutzung verteuern. Für jede Transaktion fallen Kosten an, die von einem dynamischen freien Markt festgelegt werden, der auf der Nachfrage nach knappem Blockplatz basiert. Es ist eine unglaublich robuste Möglichkeit, Spam zu verhindern, ohne auf zentralisierte Einheiten angewiesen zu sein, die beschädigt oder unter Druck gesetzt werden können.
Dabei werden auch unehrliche und dem Netzwerk unwohl gesinnte Marktteilnehmer aufgespürt, denn Betrügereien (*hust* BRC20 Token *hust*) werden als nur Profit bringend und irreführend enttarnt. Dies kann an den hohen Kosten aufgezeigt werden, die diese Gruppen bereit sind für ihre Spielchen zu zahlen. Wären sie wirklich an Innovation und Technologie-Entwicklung interessiert, könnten sie auch problemlos das viel effizientere RGB-Protokoll oder die Liquid-Sidechain verwenden.
Aber auch andere Geschäftsmodelle und Entscheidungen werden auf den Prüfstand gestellt.
Denn wie wir wissen, ist die Muun-Wallet dafür bekannt, eigentlich keine "echte" Lightning-Wallet zu sein, da alle Guthaben On-Chain in der Blockchain verwaltet werden. Die Muun-Wallet verwendet Submarine Swaps für Lightning-Zahlungen, was bedeutet, dass jedes Mal, wenn gesendet oder empfangen wird, eine On-Chain-Transaktion durchgeführt werden muss und somit auch On-Chain-Transkaktionsgebühren anfallen. Diese Entscheidung, keine "echte" Layer-2 Lösung zu entwickeln, entpuppt sich jetzt scheinbar als schwerwiegend.
Doch die Wahrheit ist auch, dass wir nie vollständig vorbereitet sein werden – es ist Druck erforderlich, um Schwachstellen aufzuzeigen und starke Anreize zu ihrer Beseitigung zu schaffen.
Nachteile
Es ist wichtig zu beachten, dass hohe Gebühren zwar diese positiven Auswirkungen haben können, übermäßig hohe Gebühren oder Gebührenspitzen jedoch auch zu einer suboptimalen Benutzererfahrung führen können, insbesondere bei kleineren Transaktionen. Dies kann die allgemeine Zugänglichkeit und Nutzung von Bitcoin beeinträchtigen, insbesondere für Menschen mit niedrigem Einkommen oder in Entwicklungsländern.
Auch können hohe Transaktionsgebühren eine Hürde für neue Benutzer//innen darstellen, die das Bitcoin-Netzwerk erkunden möchten. Wenn die Gebühren hoch sind, könnten potenzielle Nutzer//innen von der Nutzung abgeschreckt werden. Auch die Ungleichheit zwischen Nutzer//innen kann beeinträhtigt werden. Da es dazu führen kann, dass wohlhabendere Nutzer//innen bevorzugt werden, da sie die finanziellen Ressourcen haben, um höhere Gebühren zu zahlen.
Es bleibt eine ständige Herausforderung, die Gebührenhöhe so auszubalancieren, dass sowohl die Netzwerksicherheit als auch die Zugänglichkeit berücksichtigt werden. Und gleichermaßen sollten sich alle darauf einstellen, dass der oben erwähnte begrenzte Transaktionsdurchsatz auf der Layer-1-Chain dazu führen wird, dass bei einer steigenden Adaption von Bitcoin auch ganz automatisch die Transaktionsgebühren steigen müssen, sollte es nicht gelingen mit Hilfe von weiteren Skalierungsmethoden den Druck abzulassen.
// News
Tether haben angekündigt fortlaufend 15 % ihres Betriebsgewinns in Bitcoin zu investieren. Das sind wichtige Nachrichten, da dies einen ständigen Kaufdruck von mehreren zehn Millionen Dollar pro Monat bedeutet.
// Candy
Willing ist der Boss!
In diesem Sinne, 2... 1... Risiko!
Sven