#54 // KW22 // 1.6.2023 // Sats, Bits & Dust 🫰🪙🧹
Diese Woche möchten wir uns mit einem weiteren direkten Ergebnis von Gebühren befassen - dem sogenannten Dust. Wir werden uns zunächst damit auseinandersetzen, was Dust im Zusammenhang mit Bitcoin bedeutet und wie es mit den verschiedenen Bitcoin-Währungsuntereinheiten zusammenhängt.
// TL;DR
- Bitcoins Unit-Bias lässt ihn zu teuer erscheinen 🫰
- Bits > Sats 🪙
- Dust ist ein Problem für Bitcoin, aber noch größer für Sats 🧹
Letzte Woche haben wir uns die gestiegenen Transaktionskosten im Bitcoin-Netzwerk angeschaut. Wir haben uns damit befasst, warum die Gebühren in den letzten Wochen gestiegen sind und was diese hohen Gebühren für Auswirkungen aus verschiedene Teile des Netzwerkes bedeuten. Diese Woche wollen wir uns mit einem anderen direkten Resultat von Gebühren beschäftigen, dem sogenannten Dust. Dazu schauen wir uns zunächst an, was Dust im Zusammenhang mit Bitcoin bedeutet und was dieser mit den verschiedenen Bitcoin-Währungsuntereinheiten zu tun hat.
Unit-Bias
Bitcoin hat in der öffentlichen Wahrnehmung und bei Menschen, die sich weniger mit dem Thema befassen, einen sogenannten Unit-Bias, also eine durch Unwissenheit hervorgerufene Voreingenommenheit gegenüber der Einheit "Bitcoin". Das bedeutet, dass viele unerfahrene Anleger//innen und Nutzer//innen der Meinung sind, dass der Besitz eines ganzen bitcoins psychologisch wichtig oder überhaupt nur als solcher möglich ist. Anders ausgedrückt, glauben viele Menschen, sie müssen Bitcoin als Ganzes kaufen, also einen ganzen "physischen" bitcoin, statt kleinerer Bruchstücke. Das lässt den Vermögenswert für die meisten zu teuer aussehen.
Dies ist für Bitcoin insofern ein Problem, als dass viele Menschen sich durch ihre Voreingenommenheit gar nicht mit Bitcoin beschäftigen ("kann ich mir nicht leisten") oder das Gefühl haben, Bitcoin sei zu teuer und deshalb gibt es kein Wertsteigerungspotential mehr ("der Zug ist abgefahren, ich hätte vor sechs Jahren investieren sollen"). Schlimmer noch, als sich nicht mit Bitcoin zu beschäftigen, ist sich dann stattdessen alternativen, "erschwinglicheren" Kryptowährungen zuzuwenden. Dieser Unit-Bias ist allerdings nichts anderes als ein Marketing-, bzw. ein Bildungsproblem. Denn wie wir wissen kann man Bitcoin in 100 Millionen Untereinheiten brechen und in kleinsten Mengen erwerben, verschicken und verkaufen. Doch haben Außenstehende von Begriffen wie Lightning oder Sats meistens noch nie gehört.
Untereinheiten
Doch auch innerhalb der Bitcoin-Szene ist die Unterteilung von Bitcoin in Untereinheiten nicht ganz unumstritten. Denn viele Nutzer//innen sind sich uneinig darüber, was der beste Weg ist, Bitcoins Untereinheiten zu bezeichnen und sogar darzustellen. Dies zeigt sich z.B. darin, dass Apps oft entweder Bitcoin oder Fiat anzeigen, manche Apps aber auch Beträge in Sats darstellen. Dies verlangt aber oft eigene Einstellungen innerhalb der App oder viele Klicks, die die Bedienung und Darstellung eher unhandlich gestalten.
Es gibt verschiedene Lösungsansätze, die dem/der Nutzer//in die ungewohnte Rechnung mit acht Nachkommastellen erleichtern sollen. Denn viele Anwender//innen denken beim Blick in ihre Wallets oft noch in lokalen Fiat-Werten, also in ganzen Einheiten (z.B. Euro oder Dollar) und Hundertsteln (z.B. Cents).
Einige Wallets versuchen diesen Spagat komplett zu umgehen, indem sie vermeiden, Beträge in Fiat darzustellen. Doch auch hier bleibt immer noch das Problem der unhandlichen Darstellung von acht Nachkommastellen, weshalb einige Anbieter einfach zwei Eingabemöglichkeiten bieten und den Betrag in Bitcoin oder Sats automatisch umrechnen.
Doch selbst das Zeichen für Sats ist nicht final geklärt. Es gibt viele verschiedene Vorschläge und Meinungen dazu, welches Symbol genutzt werden sollte. Die meisten Apps, Rechnungen und Sticker schreiben einfach das Wort "Sats" oder "sats" aus. Allerdings ist dies ein Problem, da außerhalb der Bitcoin-Szene niemand weiß, was ein Sat ist. Die meisten Menschen werden mittlerweile von Bitcoin gehört haben, auch wenn sie nicht wissen, wie es funktioniert, was es bedeutet, oder wie man damit umgeht. Doch auch das B Logo mit den Dollarstrichen (₿) werden die meisten Menschen zuordnen können.
Sats hingegen ist ein sehr nischiger Begriff und seine Verwendung noch unbekannter. Oft wird das Blitzsymbol (3 auf der unteren Grafik) verwendet, um Lightning darzustellen und auch das Symbol mit den drei horizontalen Strichen und zwei vertikalen Punkten (4 auf der unteren Grafik), das entfernt an das Dollar-Zeichen erinnern soll ($), erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Das Problem dabei ist nur, dass es sich in geschriebener Form nicht, oder nur unzulänglich darstellen lässt: 丰 🤡
Es war lange logisch und notwendig, ganze Bitcoins zur Aufzählung und Bezahlung zu verwenden, da bei der Einführung von Bitcoin sein Geldwert sehr gering war. Es bestand also absolut keine Notwendigkeit dazu, in kleineren Einheiten als Bitcoin zu denken. Einfaches Beispiel: letzte Woche, am 22. Mai, jährte sich der Bitcoin-Pizza-Day zum 13. Mal, also jener Tag an dem Laszlo Hanyecz für zwei Pizza 10.000 bitcoins bezahlte und damit die erste offline Transaktion mit Bitcoin tätigte. 10.000 bitcoins entsprachen zu diesem Zeitpunkt also knapp $40, oder andersrum $1 entsprach 250 bitcoins Es gab also immer noch keine Notwendigkeit, kleinere Einheiten von Bitcoin zu verwenden. Diese Notwendigkeit ergab sich erst, als der Bitcoin und der Dollar Parität erlangten (1 Bitcoin = $1) und spätestens, als Bitcoin die Marke von $100 durchbrach, wurde rechnen in Bitcoin schwieriger.
Fortan überlegte man sich, Bitcoin in kleineren Einheiten darzustellen. Die zwei Möglichkeiten sind der Bit und der Sat. Ein einzelner bitcoin kann in 1.000.000 Bits oder bis zu 100.000.000 Sats unterteilt werden, also 100 Sats = 1 Bit = 0,000001 Bitcoin.
Ein weiterer Grund, weshalb eine Stückelung in bitcoin (der Begriff für einen ganzen physischen bitcoin) schwierig und verwirrend ist, und deshalb viele nach einer alternativen Bezeichnung für Untereinheiten suchten, ist dass darüber hinaus "Bitcoin" zur Beschreibung von zwei Dingen verwendet werden kann: dem monetären Netzwerk (Bitcoin - großes B) und dem monetären Vermögenswert (bitcoin - kleines B).
Bitcoin, der Vermögenswert, ist für diejenigen, die noch nichts damit zu tun hatten, sowohl verwirrend als auch fremd. Denn wie bereits erwähnt, führt der Unit-Bias dazu, dass viele Menschen denken, dass sie es sich nicht leisten können, Bitcoin zu kaufen, oder dass sie den Anschluss verpasst haben. Die Verwendung einer Bepreisung in Bruchteilen würde die Verwirrung über die Benennung des Netzwerks und des Vermögenswerts verringern, aber auch die psychologische Hürde für den Einstieg in Bitcoin senken. Vorausgesetzt, die Benennung ist logisch und intuitiv.
Bits vs. Sats
Wie schon erwähnt, gibt es zwei gängige Untereinheiten von Bitcoin, 1 Bit (= 0,000001 Bitcoin) und 1 Sat (0,00000001 Bitcoin). Seit jeher gibt es Diskussionen darüber, welche der beiden Einheiten für den täglichen Gebrauch die vernünftigere und intuitivere ist.
Die Verwendung von Bits zur Aufzählung von Bitcoin hat einige Vorteile. Ein Bit stellt ein „Bit“ eines Bitcoins dar, also der grundlegendsten und kleinsten Informationseinheit in der Informatik. Den meisten Menschen fällt es einfacher, das Wort „Bit“ mit Bitcoin zu assoziieren und daher verstehen sie eher, dass ein Bit ein Teil eines Bitcoins ist. Ein „Sat“ bedeutet für den Durchschnittsmenschen, wie oben beschrieben, nichts.
Adam Back (CEO von Blockstream und Bitcoin-Legende) ist wahrscheinlich der bekannteste Befürworter von Bits > Sats. Er argumentiert von verschiedenen Richtungen, dass z.B. Bits eine rechnerisch einfachere Variante ist, Untereinheiten von Bitcoin darzustellen, als Sats.
Weiter argumentiert er mit der historischen Entwicklung von Bitcoin, dem Protokoll und seiner Referenz-Implementierung. In den Anfangsjahren wurde in der Bitcoin Core Wallet mit Bits gearbeitet. Außerdem argumentiert er, dass die Verbindung zwischen Bitcoin der Haupteinheit und Bits oder Sats als Untereinheit zumindest semantisch gebrochen werden sollte. Da Bitcoin (im Fall eines weiter steigenden Kurses) als Recheneinheit immer unpraktischer wird, sollte man als mentales Modell auf das Rechenpaar Bits und Sats zurückgreifen - analog zur Darstellung von Dollars und Cents oder Euros und Cents. Dabei stellen die zwei Nachkommastellen eines in Bits angegebenen Preises die Sats dar.
Ganz einfaches Beispiel: Ein Kasten Bier kostet heute etwas 20€, also 0,00079758 Bitcoin. Einfacher dargestellt: 797,58 Bits, also 797 Bits und 58 Sats. “Ein Bitcoin ist zu teuer, aber Sats sind zu viele, klingen billig und verwirrend.” Es ist schwer in Sats zu denken und selbst wenn der Preis von Bitcoin 1 M US Dollar erreicht, ist ein Bit immer noch eine greifbare und günstige Einheit: 1 Bit = 1 US Dollar.
Eines von Adams Hauptargumenten ist, dass Sat als Untereinheit nicht funktioniert, weil es Dust gibt. Das Problem mit Dust besteht darin, dass es nicht möglich ist, Bitcoin unter einem bestimmten Schwellenwert auszugeben. Sein Argument ist, dass der Nutzen einer Einheit abhanden kommt, wenn diese Einheit als kleinste Recheneinheit nicht ausgegeben werden kann. Zugegeben, niemand kann mehr etwas für einen Cent kaufen, aber zumindest ist es technisch nicht unmöglich. Allerdings ist es unmöglich, 1 oder sogar 10 Sats über das Bitcoin-Netzwerk zu senden, ohne Layer-2-Skalierungstechnologien zu verwenden.
Dust
Unter Bitcoin-Dust versteht man eine sehr kleine Menge Bitcoin, typischerweise in kleinen ein- bis zweistelligen Sats-Beträgen, doch auch kommen immer öfter dreistellige Beträge vor. Sie werden Dust oder „Staub“ genannt, weil diese Beträge so gering sind, dass sie oft als unbedeutend und unpraktisch für die Verwendung bei regulären Transaktionen angesehen werden.
Es gibt keine offizielle Definition dafür wie groß/klein ein Betrag sein muss, um als Dust zu gelten, da jede Softwareimplementierung (Client, Wallet, etc.) einen anderen Schwellenwert annehmen kann. Die Bitcoin Core Referenzimplementierung definiert Dust als jede Transaktionsausgabe, die niedriger ist als die aktuellen Transaktionsgebühren.
Dust entsteht meist unbeabsichtigt bei Bitcoin-Transaktionen. Denn wenn Bitcoin von einer Adresse an eine andere gesendet wird, fällt oft eine Transaktionsgebühr an. Um Spam zu verhindern und die Sicherheit des Netzwerks zu gewährleisten, gibt es bei Bitcoin eine Mindestgröße für jede Transaktion. Dieses Limit ist der Mindestbetrag an Bitcoin, der als Ausgabe in eine Transaktion einbezogen werden kann. Der Rest ist Dust.
Oder einfacher ausgedrückt, wenn die Mindestgröße für eine Bitcoin-On-Chain-Transaktion 500 Sats (5 Bits) beträgt und ich noch 800 Sats (8 Bits) in meiner Wallet habe, kann ich nach dem Versenden von 600 Sats (6 Bits) die übrigen 200 Sats (2 Bits) nicht mehr ausgeben. Diese verbleibenden 2 Bits sind Dust.
Dust stellt aus mehreren Gründen eine Herausforderung für das Bitcoin-Netzwerk und seine Benutzer//innen dar:
UTXO-Bloat: Bei jeder Transaktion werden nicht ausgegebene Transaktionsausgaben (UTXOs) erstellt, und Dust erhöht die Anzahl der UTXOs im System. Dies kann zu einer aufgeblähten Blockchain führen und sich negativ auf die Leistung und Skalierbarkeit des Netzwerks auswirken.
➡️ Wie UTXOs funktionieren
Wallet-Management: Im Laufe der Zeit kann sich in Wallets viel Dust ansammeln, und die Verwaltung solch kleiner Beträge kann für Benutzer//innen unpraktisch sein. Bei vielen Wallets ist ein Mindestguthaben erforderlich, und die Dust-Mengen sind möglicherweise zu gering, um diese Anforderung zu erfüllen. Viele Nutzer//innen wechseln häufig zwischen Wallets und transferirien ihre Vermögen vorher auf die neuen Wallets, bei solchen Wechseln bleiben Dust-Beträge zurück und gelten langfristig als verloren.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass Dust nicht genau definiert werden kann. Die Transaktionsgebühren hängen wesentlich von zwei Faktoren ab: Den Gebühren in sat/vB, welche von der Auslastung des Mempools abhängen und zu Zeiten von hoher Auslastung dementsprechend hoch sind, und zum anderen vom UTXO-Set des/der jeweiligen Nutzer//in. Denn wie wir wissen, werden Transaktionen aus einer oder mehreren UTXOs zusammengesetzt, je mehr UTXOs dabei benötigt werden, um den gewünschten Betrag zu versenden, desto höher sind die Kosten für diese Transaktion, da sich das Gewicht (in vBytes) erhöht. Diese beiden Faktoren können die Gebühren in Einzelfällen so strukturieren, dass größere Mengen Dust anfallen, als in anderen Fällen.
Datenschutzbedenken: Da jede Transaktion in der Blockchain gespeichert wird, können selbst winzige Mengen Dust mit der Identität oder dem Transaktionsverlauf einer Person verknüpft werden, was die Privatsphäre gefährdet. Diese Funktion wird von Angreifern in sogenannten Dust-Attacks ausgenutzt. Denn böswillige Angreifer haben schnell erkannt, dass Nutzer//innen die winzigen Dust-Beträge, die in ihren Wallet-Adressen angezeigt werden, nicht viel Aufmerksamkeit schenken oder gar bemerken. Angreifer schicken also Kleinstbeträge an eine große Anzahl von Adressen, um dann im nächsten Schritt in einer kombinierten Analyse dieser Adressen und der Beträge, versuchen herauszufinden, welche Adressen zur gleichen Wallet gehören. Dabei ist es das Ziel, diese so identifizierbaren Adressen und Wallets schließlich den jeweiligen Eigentümer//innen zuzuordnen, um diese dann durch ausgefeilte Phishing-Angriffe oder Cyber-Erpressungen zu attackieren.
Um diese Probleme zu lösen, können Nutzer//innen Dust konsolidieren, indem sie mehrere Dust-UTXOs in einer einzigen Transaktion mit einem höheren Wert kombinieren. Einige Wallets und Dienste bieten Funktionen an, mit denen Benutzer//innen ihren Dust effektiv verwalten und konsolidieren können.
Abschließende Gedanken
Der Unit-Bias ist absolut vorhanden. Ich persönlich begegne ihm immer wieder in Gesprächen mit Bitcoin-Interessierten, die sich mit der Materie noch nicht lange auseinandergesetzt haben. Die Verwunderung ist oft sehr groß, dass bitcoins nicht als Ganzes gekauft werden müssen. Die Verwendung einer Untereinheit sowohl in Wallets, als auch bei der Bepreisung kann dabei helfen.
An die Verwendung von Sats als die kleinste Einheit von Bitcoin habe ich mich gewöhnt, allerdings tendiere ich mittlerweile persönlich zum Gebrauch von Bits. Die hervorgebrachten Argumente leuchten mir ein und ich bin überzeugt, dass Bits eine größere Akzeptanz außerhalb des Bitcoin-Inner-Circles hervorrufen können, als Sats. Darüber hinaus ist das Sats-Zeichen wirklich unpraktisch.
Ich befürworte hier einige Ideen, die das Paragrafzeichen zum Symbol für Sats erheben wollen.
🫳🎤
// News
"Centralised settlement engine" 🤡, "protecting users’ privacy by not revealing their payment patterns or account balances to the Eurosystem" 🤥, "innovative approaches, such as selfcustody wallets, which could potentially allow for more privacy – pending legislative developments" 🤣
// Candy
Es wird wieder geschläuchelt.
In diesem Sinne, 2... 1... Risiko!
Sven